Categories: Jaenner 2019

Das Gebäude als Interface zwischen Mensch und Raum

An die Gebäude der Zukunft werden hohe Anforderungen gestellt: Sie sollen allen erdenklichen Komfort bieten, Energie möglichst effizient konsumieren und keine Umweltschäden verursachen. Sie sollen sicher sein und ihre Nutzer vor Bränden und anderen Gefahren beschützen. Und vor allem: Sie sollen flexibel sein. In Zukunft richten sich Räume und Arbeitsplätze nach den Bedürfnissen ihrer Nutzer. Diese Anforderungsparameter gilt es nun mit intelligenten Lösungen in Einklang zu bringen. Intelligente Gebäude, auch „Smart Buildings“ genannt, besitzen die Fähigkeit, Probleme vorausschauend zu lösen und sich selbständig auf die individuellen Bedarfe und Präferenzen ihrer Benutzer anzupassen. Sie verbinden die digitale mit der physischen Welt und steigern durch die Interaktion zwischen Menschen und Räumen die Produktivität, Energieeffizienz und den Komfort in einem Gebäude.

Digitalisierung – Herausforderung und Chance für Veränderung

Digitalisierung ist technischer Fortschritt. Umso erstaunlicher ist es, dass laut Gallup etwa 85 Prozent der Mitarbeiter ihr Arbeitsumfeld als Produktivitätskiller wahrnehmen. Absolute Kundenzentrierung ist das Mantra der Digitalisierung. Dies ermöglicht eine substanzielle Evolution, die es uns erlaubt, neue, einzigartige und nahtlose Kundenerlebnisse zu schaffen. Sie führt dazu, dass wir digitale Tools und Services ohne Hindernisse in Anspruch nehmen können. Die Technik selbst und die Prozesse dahinter sind aber hochkomplex. Die Entwicklung hin zu einer Vernetzung von immer mehr Geräten, Sensoren und Produkten wird unsere Industrie, aber auch unser tägliches Leben, gravierend verändern.
Neben neuen technischen Möglichkeiten treibt die Digitalisierung auch die Veränderung der Arbeitswelt voran. Hier wird „New Work“ in Zeiten von Work-Life Balance und Arbeitswelt 4.0 zum zentralen Leitwort. Der Wandel von einer Industrie- zur Wissensgesellschaft sowie der erforderliche Umgang mit Komplexität erfordert Innovationen in der Arbeitswelt. Dies spiegelt sich vor allem in der Menge an verfügbaren Informationen, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und komplexeren Aufgaben wider. Wie schon nach der Agrarrevolution und während der Industrialisierung, so müssen die Menschen auch im Informationszeitalter die Digitalisierung durch kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten meistern.
Man geht davon aus, dass bis zum Jahr 2020 etwa eine Milliarde Mitarbeiter in projektbezogener Kapazität arbeiten werden. Etwa 75 Prozent aller Unternehmen weltweit haben bereits flexible Arbeitsweisen eingeführt, wie beispielsweise die virtuelle Zusammenarbeit in Teams über verschiedene Standorte hinweg. Im Vergleich dazu steht heutzutage nur ein sehr geringer Anteil an flexiblen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch der starke Zuwachs an Coworking-Büros in Metropolen: flexibel sein, Gleichgesinnte treffen, ein innovatives Umfeld finden, neue Impulse bekommen. Zudem kann das Modell Coworking eine sinnvolle und auch wirtschaftliche Alternative zum klassischen Büromietvertrag sein. Unternehmen können mit der Flexibilität der Coworking-Büros Schwankungen in der Belegschaft und Projektarbeit ausgleichen.
Passend dazu sehen wir einen starken Trend in der Reduktion des zur Verfügung gestellten Arbeitsplatzes pro Mitarbeiter von bis zu 50 Prozent. Unternehmen investieren verstärkt in die Optimierung der eigenen Flächeneffizienz. Ist das grundsätzlich eine negative Entwicklung? Nicht wenn die Kostenersparnis aus einer Flächenreduktion ganz oder teilweise wieder in bessere Gebäudeausstattung, IoT-Infrastruktur und unterstützende Software Applikationen investiert wird. Dadurch steigt die Zufriedenheit der Gebäudenutzer trotz Verringerung der persönlich verfügbaren Fläche.
Zusammengenommen werden diese Trends und Veränderungen im Kontext der Digitalisierung die heutige und künftige Nutzung von Gebäuden sowie auch die Anforderungen in Sachen Gebäudetechnik und intelligenter Gebäudesteuerung enorm beeinflussen. Dies betrifft vor allem die zukunftssichere Ausgestaltung von Bürogebäuden als auch ihre Anpassungsfähigkeit im Laufe der Zeit. Aber nicht nur die Anforderungen an Gebäude ändern sich, sondern auch das Profil und die Bedarfe seiner Nutzer. Mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer gehört heute der Generation der Millennials an. 2025 werden es bis zu zwei Drittel sein. Ihre Erwartungen an Arbeitgeber unterscheiden sich erheblich von jenen der älteren Generationen. Millennials wünschen sich eine zentral gelegene, flexible Arbeitsumgebung, die es ihnen besser ermöglicht, ihre beruflichen und privaten Interessen in Einklang zu bringen. Sie möchten Teil einer Gemeinschaft sein und suchen nach dem Sinn ihrer Tätigkeit, fühlen sich dadurch motiviert und möchten im Beruf fachlich sowie persönlich wachsen. Ihre Vorstellungen, Bedürfnisse und Wertvorstellungen werden die Kultur in Unternehmen in den nächsten zehn Jahren massiv prägen.
All diese Trends fordern ein radikales Umdenken: weg vom Gebäude als Hauptdarsteller, hin zu maximaler Nutzerzentrierung.

Daniel Schröder
ist Vice President und leitet das globale Smart Space-Programm bei Siemens Building Technologies. Nach 16 Jahren in der Konsumgüterindustrie hat er seine Leidenschaft zum Job gemacht und es sich zur Aufgabe gemacht, zu verbessern, wie Menschen in Gebäude arbeiten und leben.

Franziska Dolak
treibt als Innovation Managerin bei Siemens Building Technologies die Zukunft der Arbeit voran. Als Customer Insight- und Co-Creation-Spezialistin hat sie das Smart Space-Programm mit aufgebaut und schafft Innovationen in der Arbeitswelt.

Weiterführende Information
die Publikation in voller Länge finden Sie auf: Springer Verlag

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