Categories: Jaenner 2022

Die Zeit drängt

Was steht hinter dem „Fit for 55“-Paket der EU?

Mit dem European Green Deal will die EU den Aktivitäten in Sachen Klimaneutralität, Schutz und Erhalt natürlicher Ressourcen, Biodiversität und Gesundheit der Bevölkerung mehr Schwung verleihen. Insbesondere der Bereich Klimaneutralität hat massive Auswirkungen für Errichter, Eigentümer, Betreiber und Nutzer bestehender Gebäude. Nicht zuletzt, um die klima- und energieorientierte Gebäudesanierung zu beschleunigen, hat die EU Mitte 2021 im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets sowohl existierende Regularien verschärfend überarbeitet als auch eine neue Gesetzgebung definiert, damit die zusätzlichen Emissionsreduktionen bis 2030 erreicht werden können. Man hat unter anderem erkannt, dass die ursprünglichen im EGD vorgegebenen Ziele für den Gebäudesektor nicht ausreichen, und diese daher auch entsprechend verschärft.

Was bedeutet das konkret?

Im Rahmen des EGD wurde im Europäischen Klimagesetz das verbindliche Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Als Zwischenschritt dahin hat die EU sich verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Ausstoß 1990 zu reduzieren. Das „Fit for 55“-Paket will in Österreich mit sechzehn Einzelgesetzen und finanziellen Förderanreizen sicherstellen, dass die EU-Rechtsvorschriften mit dem Ziel für 2030 im Einklang sind. Es definiert für die Mitgliedsstaaten der EU detaillierte Vorgaben, welche bereits bis zum Jahr 2030 umzusetzen sind.

Heißt das, dass diese Vorgaben nun noch ambitionierter sind?

Ja. Neben der Reduktion von Treibhausgasen um 55 % bis 2030 ist eine Steigerung des Anteils der Nutzung erneuerbarer Energie bezogen auf den Gebäudesektor von derzeit 32 % auf 49 % enthalten. Des Weiteren wurden die Energieeffizienzziele neu definiert: 36 % für Endenergie und 39 % für Primärenergie. Und schließlich hat die EU den öffentlichen Sektor der Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, mindestens 3 % seines Gebäudebestandes jährlich zu renovieren (Heizung, Lüftung, Klima). Es wird deutlich, dass wir bereits bis 2030 sehr weit voranschreiten müssen, um die Klimaneutralität bis 2050 zu erlangen.

Welche Folgen hat das für die Eigentümer bestehender Gebäude?

Die EU-Vorgaben führen effektiv zu einer Wertminderung der existierenden Gebäude, wenn diese nicht auf Kurs sind. Das heißt konkret, dass die vorgeschriebenen Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Davon könnten schätzungsweise europaweit über 35 Millionen Gebäude betroffen sein. In Nachhaltigkeitsfonds (ESG-Kriterien) würden diese Objekte nicht mehr berücksichtigt und schlechter eingestuft werden. Ein Vermieter könnte folglich einen schlechteren Mietpreis pro Quadratmeter erzielen. Mehrere Studien sagen aus, dass bei Erfüllung der nachhaltigen Ziele ein Mehrertrag pro Quadratmeter von bis zu 10 % des Mietpreises erzielt werden kann. Somit lässt sich festhalten: Wenn man in Renovierung, Modernisierung und Effizienzsteigerung von bestehenden Gebäudeinfrastrukturen investiert, zahlt sich das für den Gebäudeeigentümer über den Return on Investment (ROI) aus.

Welche Gesetze enthält das „Fit for 55“-Paket und wen betreffen diese?

Im Einzelnen sind dies Gesetze wie beispielsweise die EPBD (Energy Performance of Buildings Directive), die EED (Energy Efficiency Directive), die AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) oder auch das EU-ETS (Emission Trading System) sowie noch einige mehr. Schauen wir nun konkret auf den Gebäudesektor, so betreffen einige davon nur den Eigentümer eines Gebäudes, andere nur den Nutzer und manche beide. Wir von Siemens wissen, dass es sich um ein komplexes Thema handelt, welches wir mit unseren Kunden selbstverständlich individuell betrachten. Eines ist jedoch sicher: All diese Gesetze haben schon jetzt, spätestens aber ab 2025, konkrete Auswirkungen.

Können Sie Beispiele nennen, was der Gebäudesektor in naher Zukunft umsetzen muss?

Ja. Aus der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD), welche auf nationaler Gesetzesebene in Österreich in die OIB-Richtlinie 6 umgesetzt wird und voraussichtlich 2023 aktualisiert erscheinen wird, kann ich beispielhaft die Einführung von Energieausweisen, die Einführung von Mindeststandards für die Energieeffizienz (MEPS) und die Einführung des Smart Readiness Indicators, welcher die „Intelligenz“ des Gebäudes misst, nennen. Ab 2025 ist zusätzlich eine Mindestanzahl von E-Ladepunkten in Nicht-Wohngebäuden vorgegeben – weiters wird im gleichen Jahr ein Emissionshandelssystem für Gebäude eingeführt. Spätestens 2030 müssen 49 % des Energieverbrauchs von Gebäuden aus erneuerbaren Energieformen gewonnen werden.

Der Zeitraum zur Umsetzung des „Fit for 55“-Pakets ist tatsächlich sehr kurz und die Ziele sind hochgesteckt. Ist also jetzt Zeit zum Handeln?

Das ist absolut richtig. Uns als Siemens ist daher klar, dass wir in Kooperation mit unseren Kunden und Partnern rasch Maßnahmen definieren müssen, damit wir die Vorgaben bis zum Zwischenziel gemäß dem „Fit for 55“-Paket 2030 bzw. bis zur Klimaneutralität 2050 in Österreich und in Europa gemeinsam erreichen.

Wie kann Siemens auf dem Weg dorthin unterstützen?

Siemens kennt die Anforderungen und hat die Lösungen, um sie zu erfüllen. Diese umfassen die Gebäudeautomation (BACS) oder die E-Ladeinfrastruktur, aber nicht nur – sie gehen viel weiter: Unser Portfolio beinhaltet eine vollumfängliche Analyse mit daten-basierten/digitalen Dienstleistungen, die die Effizienz steigern und dafür sorgen, dass Gebäude energetisch, wirtschaftlich und nachhaltig optimal betrieben werde können. Dazu zählt auch die Energieversorgung mit klarem Fokus auf erneuerbaren Energie- Mix. Als weltweit agierender Konzern mit umfassenden Kompetenzen gehen wir also entscheidende Schritte weiter.

Das bedeutet, Sie verfolgen einen gesamtheitlichen Ansatz?

Basierend auf unserer Analyse bewerten Experten von Siemens den Ist-Zustand und zeigen dem Kunden individuell Lösungsansätze mit einem realistischen Zeitplan für die Gebäudemodernisierung auf. Wir beantworten die Fragen, welche technischen Maßnahmen mit welchen Prioritäten zu ergreifen sind und wie hoch der Investitionsaufwand ist. Siemens ist sich dessen bewusst, dass der finanzielle Aspekt für Betreiber und Eigentümer von wesentlichem Interesse ist: Schließlich fallen rund 80 % der Gebäudekosten nicht bei der Errichtung bzw. Renovierung, sondern erst im Betrieb an.

Unterstützen Sie Ihre Kunden auch beim Weg durch den EU-Förderdschungel?

Siemens versteht sich als Generalunternehmer – als Lösungspartner, der sämtliche technischen und wirtschaftlichen Bereiche von Gebäuden abdeckt. Dazu zählen natürlich Finanzierungsmodelle ebenso wie das Wissen um verfügbare Förderungen auf nationaler und EU-Ebene. Da wir von Siemens als fokussiertes Technologieunternehmen über Energiesysteme, Gebäude und Industrien hinweg über breites Experten-Know-how verfügen und global hervorragend aufgestellt sind, können wir dieses umfassend und international anbieten.

Ganzheitlicher Lösungsansatz als Technologieunternehmen für unsere Kunden

E-Ladeinfrastruktur

Gebäudeautomation (BACS)

Energy-Performance-Services

Mehr Informationen zum Thema finden Sie hier.

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