Categories: Jaenner 2019

Eine Frage des Wollens

Die Hackengasse im 15. Wiener Gemeindebezirk: Zinshäuser, gemischt mit einigen Neubauten aus den 70er Jahren, an den Straßenecken stehen Bäume – und hin und wieder wachsen einige Gräser aus dem Beton. Doch an einem Haus wachsen die Pflanzen die Hauswand empor und schlängeln sich bis ganz hinauf zum Dach. Das ist das Boutiquehotel Stadthalle, es fällt schon auf den ersten Blick auf.
Seit mehr als zehn Jahren versucht Michaela Reitterer hier an diesem Standort ein Hotel zu betreiben, dass in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit neue Standards setzt: Sie will ein Hotel, das nur die Energie verbraucht, die es selbst herstellt. Technische Hilfe bekam und bekommt sie dabei von Siemens Building Technologies. Reitterer: „Als ich am Start war, sprang auch Nachhaltigkeit als eines der größten Themen des Jahrhunderts gerade hervor. Ich bin meiner Einstellung gegenüber verpflichtet, entweder mache ich es ordentlich oder gar nicht.“ Und das tat sie. 2009, zwei Jahre nachdem sie das Hotel übernommen hatte, war das Boutiquehotel Stadthalle das erste Hotel der Welt mit einer Null-Energie-Bilanz.

Viele Einzelteile
In Zahlen bedeutet das: Jedes Jahr spart der Betrieb 21.000 Kilo CO2 ein. Und während bei anderen Stadthotels die Energiekosten fünf bis sechs Prozent der Gesamtausgaben ausmachen, schwanken sie in Reitterers Betrieb nur zwischen zwei und 2,4 Prozent. „Da erblassen meine Kollegen vor Neid“, sagt sie ein bisschen stolz.
Von Beginn an hatte Reitterer viele Ideen, aber ihr war klar, dass sie nicht alles auf einmal umsetzen wird können. Als Allererstes ließ sie das 140 Jahre alte Gebäude den höchsten Energiestandards entsprechend sanieren, dann verdoppelte sie mit einem Erweiterungsbau mit Passivhaus-Standard beinahe die Bettenzahl von 42 auf 80. Es sind viele Einzelteile, die für die gute Energiebilanz sorgen: Dreifach verglaste Fenster halten die Wärme im Raum – dabei hilft eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Strom liefern ganze 94 Quadratmeter Photovoltaikpanele auf dem Dach, 130 Quadratmeter thermische Sonnenkollektoren versorgen das Hotel mit Warmwasser und Energie zum Heizen. Reicht das einmal nicht aus, gibt es auch hier eine Lösung: Eine Wasser-Wärmepumpe benutzt die im Grundwasser enthaltene Wärme, um damit zu heizen. Das liegt daran, dass das Grundwasser über das ganze Jahr hinweg eine konstant hohe Temperatur hat und so als Wärmequelle besonders gut geeignet ist.

Anregen, nicht belehren
Eine der größten Herausforderungen sei es, Komfort und Ökologie in Einklang zu bringen. Schon bei der Planung gab es viel zu diskutieren, erinnert sich die Hoteldirektorin: „Wenn es nach den Technikern gegangen wäre, könnte man heute die Fenster nicht öffnen.“ Die große Kunst bestehe darin, anspruchsvolle Technik und maximalen Wohlfühlfaktor miteinander zu verbinden. Eine besondere Schlüsselrolle kommt dabei der Mess- und Regeltechnik zu. So sorgt das Gebäudeautomationssystem „Desigo CC“ von Siemens für das optimale Zusammenspiel aller Komponenten.
Für Reitterer ist es wichtig, ihren Gästen etwas zum Nachdenken mitzugeben, ohne zu belehren: „Ich bin kein Hardcore-Öko, ich mache meine Fernreisen mit Begeisterung, weil ich als Erdenbürgerin auch etwas von dieser Welt sehen will. Aber das gleiche ich mit anderen Dingen aus.“ Das Frühstück im Hotel sei etwa nur bio und regional. Das verdopple zwar den Wareneinsatz und auch die Lagerhaltung sei eine andere, trotzdem: Was man lernt, sei, anders mit Ressourcen umzugehen. „Der Respekt, der dieser Haltung entgegengebracht wird, spornt an, noch mehr zu tun“, sagt Reitterer. Im Haus klären kleine Hinweise an verschiedenen Orten darüber auf, wo Energie gespart werden kann. Statt der Minibar in jedem Zimmer finden Gäste an dieser Stelle einen grünen Punkt mit der Erklärung, warum diese keine so gute Idee ist. Auch auf der Hotel-Website wird darüber informiert, wie nachhaltiges Leben möglich sein kann, und klärt man über Umweltsünden wie Palmöl auf. Und: Es gibt Rabatt für jene, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt mit dem Auto anreisen. Die zufriedenen Gäste und die Nächtigungszahlen sprechen für sich – ökologisches Denken hat Zukunft.

Weiterführende Information
Boutiquehotel Stadthalle


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